„Am wichigsten ist die Pause“

von gewerkschaftlicher Vernetzung und rheinländischen Frohnaturen

In der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit ist das nicht anders und, wie in meinem letzten Blogartikel auch schon festgestellt, bilden die Pause bzw. die Zeit nach dem Seminar auch ein Fundament des Bildungskonzeptes hier.

Versteht mich nicht falsch, Inhalte sind natürlich wichtig und der ausschlaggebende Grund, Seminare oder Fortbildungen zu besuchen, in Pausen passiert halt dann das, wozu im Seminar nicht immer Zeit bleibt.

Pause heißt ins Gespräch kommen, sich austauschen, diskutieren, laut nachdenken, Lufschlösser bauen und die eine oder andere Idee mit nach Hause nehmen. Zeit mit Menschen verbringen, denen frau vermutlich im „realen“ Leben nicht begegnet wäre.

Die Menschen hier sind – für eine Wienerin wie mich- ungewohnt freundlich, interessiert und kommunikativ. Allein am Tisch sitzen, oder Kaffe trinken ist nicht wirklich, weil immer irgendjemand „sich meiner annimmt“ . Ich hab den Verdacht, dass es aus Effizientgründen /Wegzeiten für KellnerInnen unmöglich ist, jemanden allein an einem Tisch sitzen zu lassen und vermutlich auch energiesparender, in Gruppen zusammenzustehen/zu sitzen als allein 🙂 . Jedenfalls find ich es großartig.

Ehrlich gesagt, gehören diese Pausen bzw. die Abende für mich zu den spannendsten Teilen dieses Praktikums.

Für genug Platz zum Spazierengehen und sich unterhalten ist gesorgt…

Allerdings weniger, weil das Bier (Kölsch is nicht so meines) oder die Musik (auch für rheinländische Partymusik kann ich mich nicht erwärmen) super sind, sondern, weil ich wahnsinnig viel lerne.

Über die IG Metall den Umgang mit den großen Themen der Industrie (Transormation/ Digitalisierung/Klimawandel), die wirtschaftliche Situation im Rhurgebiet, Herausforderung/ Handlungsfelder von BetriebsrätInnen hier. Betriebsratsarbeit und Gewerkschaftliche Arbeit, aber auch Politik stehen im Mittelpunkt der meisten meiner „Pausen“ Gespräche und es findet sich immer jemand, der/die mir meine unzähligen Fragen mit Engelsgeduld beantwortet.

das erste Kölsch, natürlich nach der Seminarzeit 🙂

Die Themen, die mich entweder beeindrucken oder irritieren hab ich euch jetzt unten mal aufgelistet (subjetiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit)….

Pausenthemen, bei denen ich froh bin, in Österreich beschäftigt zu sein:

  • Tarifpolitik – Kollekivvertrag ( dass es in Ö keine „Wahlmöglichkeit“ gibt, einem KV anzugehören macht es uns möglich, eine hohe KV Dichte zu erlangen und somit auch von allen Vorteilen des KVs zu profitieren.
  • Wirksamkeit Tarifvertrag ( in D Land gilt der Tarifvertrag – wenn nicht anders vereinbart- nur für Gewerkschaftsmitglieder, während in Österreich alle ANinnen davon profitieren. (Wobei wir über diesen Punkt oft und viel diskutieren, find ich die bei uns in der Arbeitsverfassung verankerte Aussenseiterwirkung des Kollektivvertrags solidarisch ).
  • Leiharbeit. Bei uns in Österreich auch eine ewige Baustelle, durch das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz in Österreich gelten bei uns allerdings zumindest in Entgelt und weitgehender Gleichstellung mit der „Stammbelegschaft“ Schutzmaßnahmen für Leiharbeiter und „Stammbelegschaft“.
  • Das Arbeitsinspektorat/ Gewerbeamt. In Deutschland ist das ein wenig anders geregelt und angesiedelt. Jedenfalls aber is es nicht sooo einfach, jemanden (unangekündigt) in den Betrieb zu bekommen, der auf die Einhaltung von Mindeststandards zu achten.
  • Die Arbeiterkammer(n). Ausser im Saarland und in Hessen gibt es in Deutschland keine Arbeiterkammer. Das erschwert gewerkschaftliche Arbeit massiv.
ohne Mampf kein Kampf….

Luftschlösser, die ich in Österreich gern thematisieren und vielleicht auch umsetzen würde:

  • Bildungsarbeit / Bildungsurlaub– ich hab jetzt fast zwei Wochen gebraucht, um ein Wort zu finden, welchen Stellenwert gewerkschaftliche Bildung bei der IG Metall hat, welche Ressourcen dafür geschaffen werden – es ist einfach imposant. ( In Kürze: Die IG Metall betreibt 7 Bildungszentren , neben Präsenzprogramm werden auch online Veranstaltungen abgehalten. Ausserdem sind Veranstaltungen (Konferenzen, Arbeitsgruppentreffen, Jugendakademien…) Teil der Bildungsarbeit.
  • Geschlechterquote in Betriebsratsgremien. Das jeweils schwächer vertretene Geschlecht im Betrieb ist durch eine Quote (berechnet nach d`Hondschen Zahl) im Gremium abzubilden.
  • Kündigunsregelungen – das Kündigungsschtzgesetz schützt im Vergleich zu Österreich ArbeitnehmerInnen.
  • Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Die IG Metall vertritt somit beispielsweise alle Beschäftigten in der Industrie. Unabhängig davon, ob sie nun Angestellen – oder Arbeitertätigkeiten verrichten.

Nach meinem ersten Beitrag hab ich als Feeback gehört, ob ich denn nur Wellnessurlaub hier mache… ich bin gespannt, was ich jetzt nach einem Beitrag über die Pause als Feeback bekomme…. gelobe allerdings, beim nächsten Beitrag dann ganz ausführlich über das Bildungshaus, seine Schwerpunkte und die Bildungsarbeit der IG Metall zu berichten. . .